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10/06/2020

Digitale Bons – Alternative zum Druck?


Viele Buchhändler leiden seit Januar unter der Bonpflicht: Der Gesetzgeber erlaubt ausdrücklich, dass sie digitale Bons als Alternative zum gedruckten Beleg anbieten. Das erfordert aber technische Voraussetzungen, die viele Kassen noch nicht erfüllen. Lösungsansätze gibt es viele, die elektronischen Kassenbelege können auf unterschiedlichen Wegen zum Kunden geschickt werden. Macht der elektronische Versand für Buchhändler Sinn? Wir haben direkt in unserer Entwicklung nachgefragt…

…und von unserem Kollegen Patrick Krause nicht nur alle relevanten Informationen, sondern auch wertvolle Tipps für Buchhändler erhalten. Er erklärt im Folgenden, welche Möglichkeiten auch für unabhängige Fachhändler in Frage kommen, wenn sie digitale Bons erzeugen möchten. Patricks Antworten auf unsere Fragen haben so überzeugt, dass wir sie Ihnen genauso weitergeben. So ist das folgende Interview entstanden:

Patrick, Du bist seit August 2017 bei uns – was genau machst Du bei eurosoft?

Ich mache aktuell eine Ausbildung zum Fachinformatiker mit der Fachrichtung Anwendungsentwicklung, meine Abschluss-Prüfung ist in diesem Sommer. Am einfachsten kann man das, was ich mache als Programmierer bezeichnen. Das ist natürlich eine Vereinfachung, aber ein Großteil meines Alltags besteht aus Programmieren.

Bei eurosoft arbeite ich in erster Linie an der Entwicklung neuer Funktionen und eigenständiger Tools. Auch die Wartung unserer Softwarelösungen zählt zu meinen Aufgaben.

Am liebsten konzipiere ich komplett neue Features, bei denen ich von Anfang an dabei bin: Ich entwickle am liebsten „von vorne bis hinten“. Das beginnt mit der Recherche der rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen und der gesamten Planung. Ganz wichtig ist ja auch, dass neue Funktionen bei unseren Kunden gut ankommen.

Das klingt nach ganz schön viel Verantwortung…

Ja, teilweise ist man auch an Sachen beteiligt, die das Geschäft unserer Kunden jeden Tag betreffen – z. B. an der Kasse. Da möchte man natürlich alles richtigmachen. Im Moment arbeite ich am digitalen Kassenbon, den die Kunden unserer Kunden direkt auf ihr Smartphone laden können.

…eine Funktion, auf die viele unserer Kunden gespannt warten – ab wann steht der digitale Bon in den Geschäften unserer Kunden zur Verfügung?

Gute Frage – einen konkreten Termin kann ich zwar noch nicht nennen, aber wir befinden uns in einer sehr fortgeschrittenen Phase der Entwicklung und haben schon die ersten digitalen Bons auf unseren Handys. Fast jeder unserer Kunden nutzt mindestens eine Kasse – bevor wir die Funktion ausliefern, testen wir deshalb besonders sorgfältig

Per E-Mail versenden können wir die Kassenbons heute schon. Bei der direkten Übertragung an das Smartphone des Kunden allerdings, mussten wir uns einige Gedanken machen, weil nicht sicher ist, wie die Endkunden darauf reagieren und welche technischen Möglichkeiten sich letztendlich durchsetzen.

Hast Du ein konkretes Beispiel?

Es gibt mittlerweile mehrere Apps, mit denen Endverbraucher Kassenbons verwalten können, die meisten sind, zumindest für den User (Anm. der Redaktion: Endverbraucher), sogar kostenlos. https://Buchhandel.digital/digitale-kassenbons-im-Buchhandel/

Je nach Anbieter stehen dort umfangreiche Such- und Archivierungsmöglichkeiten für die Belege zur Verfügung. Für größere Anschaffungen, z. B. einen Fernseher, ist das natürlich sehr praktisch, falls ein alter Beleg im Garantiefall benötigt wird. Auch die Händler haben Vorteile, sie erhalten von der App Informationen über das Kaufverhalten ihrer Kunden und können bei vielen Anbietern sogar Werbung schalten.

Aber genau das ist auch die Schattenseite: Diese Apps finanzieren sich durch das Analysieren und Verkaufen von Nutzerdaten. Auch wenn dabei vielen Nutzern gar nicht bewusst ist, wie viele persönliche Daten wirklich gespeichert und analysiert werden: Spätestens seit Einführung der DSGVO ist dieses Thema wohl auch in den Köpfen der Verbraucher präsent.

Der Händler muss sich außerdem entscheiden, welche App(s) er an die Kasse anbinden möchte. Die Software-Systeme müssen kompatibel sein. Außerdem stellt sich die Frage, welche Apps sich am Ende bei den Verbrauchern durchsetzen werden. Das bleibt spannend und heute kann das meiner Meinung nach noch niemand abschätzen. Wenn ein Händler sich für die Anbindung einer bestimmten App entschieden hat und seine Kunden die dann nicht nutzen, hat er am Ende gar keinen Nutzen. Viele Apps sind außerdem StartUps, bei denen ungewiss ist, ob sie überleben und welche Änderungen sich noch in ihren Geschäftsbedingungen, Datenschutzrichtlinien usw. ergeben werden…

Warum ist die Aufgabe bei Dir gelandet?

Tatsächlich mehr durch Zufall: Letztes Jahr bin ich auf unserem Newsblog über das Thema gestolpert und fand es total spannend. In dem Artikel ging es unter anderem um die oben genannten Apps, die ich mir daraufhin interessiert angeschaut habe. Aus Datenschutz-Bedenken bin ich grundsätzlich kein Freund von solchen Lösungen und habe direkt angefangen, mir Gedanken zu machen wie sich so etwas besser lösen lässt.

Dann hat mich das nicht mehr losgelassen. Meine Ideen habe ich zuerst mit Simon (Anm. der Redaktion: aus unserer Webentwicklung) besprochen, um die technischen Fragen für die Übertragung des digitalen Bons zu klären. Dann habe ich ein Konzept für die Umsetzung in unserer Software entwickelt und unserer Geschäftsleitung meine Lösungsansätze präsentiert. Unsere Chefs waren begeistert, deshalb durfte ich direkt loslegen mit der Umsetzung.

Wie genau läuft das an der Kasse ab, wenn der Bon nicht gedruckt, sondern „digital bereitgestellt“ wird? Braucht man denn unbedingt eine App? Wie habt Ihr das für unsere Kunden umgesetzt?

Wir stellen die Bons grundsätzlich als PDF bereit, weil dieses Format auf allen handelsüblichen Smartphones ohne zusätzliche Apps angezeigt werden kann. Der Bon wird also nicht an den Bondrucker gesendet, stattdessen erzeugt die Kasse ein PDF. Dann gibt es 2 Arten der Zustellung:

Wenn der Kunde den Bon per E-Mail haben möchte, nennt er die gewünschte Adresse und der Kassierer drückt auf einen Button. Die Adresse dient hierbei nur dem Versand und wird nicht weiterverwendet, wenn der Kunde kein Kundenkonto hat / anlegen möchte. Sie kann auch in der Kasse gespeichert werden: Das macht Sinn, wenn der Kunde Belege immer per E-Mail haben möchte, weil der Kassierer dann nur noch auf senden klicken muss.

Als Alternative kann auch ein QR-Code erzeugt und auf dem Monitor eingeblendet werden. Der Kunde scannt diesen Code mit seinem Smartphone, um den Bon auf sein Handy zu laden. Das coole ist, dass das eben unabhängig von Apps funktioniert. Das bedeutet, dass der Kunde keine Daten preisgeben muss. Nicht einmal einen Namen oder eine E-Mail-Adresse. Und weder Kunde noch Händler sind an irgendeine Kassenbon-App gebunden. Wenn der Kunde den Bon nicht haben möchte, braucht er den Code auch nicht zu scannen. So sparen unsere Kunden reichlich Thermopapier.

Mein Tipp: Unsere Kunden können beim Kassieren direkt fragen, ob sie den Bon als Mail oder QR-Code bereitstellen dürfen. So ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Endkunde keinen ausgedruckten Beleg verlangt.

Gibt es noch andere Lösungsansätze für digitale Kassenbons?

Ja, besagte Kassenbon-Apps: Die arbeiten in der Regel. mit dem Kassensystem zusammen. Das bedeutet dann, dass der Kunde auch eine bestimmte App benötigt, die mit der Kasse des Händlers kompatibel sein muss und der Kassenbon beim App-Hersteller gespeichert wird. Viele Händler brauchen außerdem neue Hardware, damit sie bestimmte Services bieten können.

Die Übertragung des Bons funktioniert meist so, dass der Kunde über die App auf seinem Handy einen Code aufruft, den der Kassierer scannen muss. Das wiederum birgt eine weitere Herausforderung: Der Scanner des Händlers muss den Code lesen können. Bei Strichcodes geht das mit fast jedem Gerät. QR-Codes können aber nur von 2D-Scannern verarbeitet werden. Da fallen viele Modelle direkt raus. Wenn der Code nicht gescannt werden kann, muss der Kassierer ihn manuell eingeben. Das kostet Zeit und ist eine potenzielle Fehlerquelle.

Eine andere Alternative ist NFC, das steht für Near Field Communication. Da erfolgt die Übertragung nicht übers Internet, sondern lokal. Die Daten werden kontaktlos über elektromagnetische Induktion ausgetauscht. Moderne Smartphones unterstützen diese Technik fast immer, der Händler benötigt aber spezielle Hardware.

Aus diesen Gründen haben wir uns dafür entschieden, unseren Kunden eine Lösung zu bieten, die komplett unabhängig von Kassenbon-Apps funktioniert.

Wie war und ist das Projekt „Digitaler Kassenbon“ für Dich – so als Gesamtpaket?

Sehr cool, weil ich von der Idee bis zur Umsetzung komplett involviert war und die gesamte Planung und Entwicklung machen durfte.

Und das Thema beschäftigt mich auch „privat“: Wenn ich mir in der Mittagspause ein Brötchen beim Bäcker hole, bekomme ich ja mit, wie emotional viele Kunden und Verkäufer reagieren: Die ironische Frage der Verkäufer: „Brauchen Sie den Bon?“, ein verständnisloses Kopfschütteln der Kunden oder ein Kommentar über die Sinnhaftigkeit. Das ist bei unseren Kunden vielleicht nicht ganz so extrem wie beim Bäcker, aber sicher ähnlich.

Mit digitalen Kassenbons sparen unsere Kunden mehr als nur Papier und können ihren Kunden zusätzlichen Service bieten. So eine Funktion zu entwickeln, macht richtig Spaß.

Bist Du auch ein bisschen aufgeregt, wenn Du ein neues Feature programmiert hast?

Ja klar – zum einen bin ich gespannt, wie schnell wir die Funktionen deutschlandweit ausrollen können und wie der digitale Kassenbon bei unseren Kunden und deren Kunden ankommt. Und zum anderen interessiert mich, welche weiteren Ideen unsere Kunden zu diesem Thema einbringen.

Was machst Du nach der Abschlussprüfung?

Ich werde hier bei eurosoft als Entwickler weiterarbeiten und mich noch intensiver mit der Entwicklung von neuen Features beschäftigen.

Last but not least – Du bist ganz tief drin im Thema Bonpflicht. Was hältst Du von dieser Vorschrift?

Grundsätzlich bin ich gegen die Bonpflicht: Ich finde, dass die alte Regelung beibehalten werden sollte (Anm. der Red.: Belege mussten bis zum Jahreswechsel erzeugt und gespeichert, aber nur auf Wunsch des Kunden ausgestellt werden).

Durch die neuen Kassengesetze wird ohnehin viel mehr dokumentiert. Allerdings sehe ich die Belastung für Umwelt und Händler nicht so kritisch wie manche Branchenverbände, da es ja digitale Alternativen gibt.

Was mich am meisten ärgert ist, dass das ganze Thema sehr emotional diskutiert wird. Auch da die Endkunden direkt betroffen sind: Sie müssen zwar den Bon nicht mitnehmen, kriegen aber die Diskussionen rund um die Bonpflicht komplett mit.

Bildquelle: © Simone Mascetti – 123RF / bearbeitet durch eurosoft

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